Sind Leserunden noch zeitgemäß?

  • DAS finde ich nun einen sehr gewagten Ausspruch.... und sehr arrogant !

    Tatsächlich? Das ist lediglich eine Tatsachenfeststellung - und ich habe kein Buch explizit angesprochen. Sieh dir einfach mal die Liste der Belletristik-Neuerscheinungen 2018 an.

    Manch einer hat auch einen Krimi/Thriller schon als Trivialliteratur betitelt, weil da auch IMMER jemand mordet und die Charaktere sehr eindeutig mit Gut und Böse verteilt sind.

    Das stimmt. Triviale Literatur gibt´s in jedem Genre, auch bei Kriminalromanen - da sogar häufig. Aber es gibt auch solche, in denen keineswegs die Charaktere sehr eindeutig mit Gut und Böse verteilt sind. Das sind dann diejenigen, die auch in einer Leserunde genügend Stoff für guten Gedankenaustausch bieten.

    Auch bei einem eher leichten Roman finden sich genügend Punkte, um darüber zu diskutieren, wenn man denn möchte.

    Sicherlich. Man kann schließlich über alles reden, wenn man partout will. ;)

  • oberflächliche Primitivliteratur

    Alleine diese Titulierung finde ich völlig daneben. Primitiv - danke, dann lese ich halt sehr gerne Primitiv-Bücher.

    Der Markt wird überschwemmt mit Massen von anspruchslosen, glatt gelutschten, weich gespülten Büchern ohne Ecken und Kanten,

    oder?

    Also ich finde der Markt wird in vielen Genren überschwemmt, da möchte ich mir nicht anmaßen über ein bestimmtes Genre die Richtlinie zu ziehen.

    Man mag über das eine Genre mehr und über das andere Genre weniger in einer Leserunde sprechen können - Fakt ist für mich: es steht und fällt mit den Leserundenteilnehmern und deren Art, sich mit dem jeweiligen Buch auseinander zu setzen.

  • Für mich passt das Attribut "zeitgemäß" nicht so richtig zum Thema, da das Interesse an Leserunden für mich kaum vom Zeitgeist abhängig ist, sondern lediglich von mir selbst. Ich mag den Austausch über Bücher, die Diskussionen über die individuellen Empfindungen und auch den inhaltlichen Mehrwert, eventuell durch zusätzliche Recherchen, die viele Leserunden bieten. Von daher nehme ich gerne und oft an Leserunden teil und plane dies auch weiterhin.


    Oft motivieren mich Leserunden auch generell zum Lesen. Um an der Runde teilnehmen zu können, muss ich zügig und zeitnah den Leseabschnitt beenden. Viel zu oft werden bei mir ohne Leserundenteilnahme alle anderen Themen und Ablenkungen wichtig und ich vernachlässige das Lesen. Stichworte und Mitschriften mache ich auch nicht, sondern schreibe immer nur spontan. Umso wichtiger sind oft die anderen Beiträge, auf die ich dann gerne Bezug nehme, wenn mir ansonsten kein Kommentar einfällt.

  • Der Markt wird überschwemmt mit Massen von anspruchslosen, glatt gelutschten, weich gespülten Büchern ohne Ecken und Kanten,

    oder?

    Und je weniger ein Buch zu Interpretationen herausfordert, desto weniger ist es eben für Leserunden geeignet, finde ich. DAS habe ich gesagt, und daran ist m. E. nichts auszusetzen.

    Ich möchte jetzt gar keine Debatte über seichte und hochgeistige Literatur führen, dies ist hier schon genügend getan worden (in dem Forum an sich, meine ich).

    Jedere zieht hier seine Grenze anders, liest lieber dies, oder lieber das. Das mag auch jeder so halten, wie er das möchte, solange er den anderen das gleiche Recht zugesteht.

    Inwieweit ein Buch zur Debatte und Interpretation einlädt ist auch Geschmacks- und Ansichtssache.

    Ich lese kreuz und quer zwischen seichten Liebesgedöns, blutigen Thrillern oder gut durchdachten Krimis, würde mir aber nie herausnehmen über die Literaturvorlieben von anderen Lesern oder Leserundenteilnehmern so herablassend zu schreiben.

    Jeder Autor, egal ob hochgeistig oder seicht, steckt Zeit und Energie in ein Buchprojekt. Entweder, um den Leser glücklich zu machen, seine Idee endlich auf Papier zu sehen oder einfach nur, um Geld zu verdienen.

    Das dann mit Primitivliteratur zu titulieren - das ist herablassend und arrogant - und dazu stehe ich !

  • Alleine diese Titulierung finde ich völlig daneben. Primitiv - danke, dann lese ich halt sehr gerne Primitiv-Bücher.

    Okay, das wusste ich nicht.

    Aber mir ging es auch nicht um die LeserInnen bestimmter Bücher - und mit keinem Wort habe ich ein Urteil über diese abgegeben! -, sondern um deren (der Bücher) Eignung oder eher Nichteignung für Leserunden. Und das war´s auch schon.

  • ...

    Drei LR hatte ich mit einem zugelosten Gratis-Exemplar, und darüber hat sich ehrlicherweise mein Geldbeutel schon sehr gefreut. Vor allem bei dem letzten, das war ein gebundenes Buch für rund 20 Euro, und das merke ich mit meinem knappen Budget dann schon. Deswegen war es eine große Erleichterung für mich, dass ich mit einem Testexemplar teilnehmen konnte. Obwohl ich es auch kaufen würde, wenn es nicht genug Freiexemplare gäbe - ich will das Buch ja wegen des Inhalts lesen, nicht weil es nichts kostet.

    Das ist ein wichtiger Einwurf. Meine Frage: "ist es noch zeitgemäß" entstand u. a. aus der sinkenden Bewerberzahl zu Leserunden hier. Wenn man sich eine Hardcover-Neuausgabe zurzeit ganz sicher nicht leisten kann, bedeutet eine Teilnahme von Bewerbern < Exemplaren immerhin ein gesichertes Exemplar.

    Zitat

    Ich glaube auch nicht, dass Leserunden generell nicht zeitgemäß oder überholt sind, eher glaube ich, dass es gerade die Anpassung an den aktuellen Zeitgeist ist, die kritische Fragen und Unmut aufwirft, eben diese ganze Kommerzialisierung der Leserunden in ihrer "offiziellen" Form.


    Zumindest gibt es eine spürbare Konkurrenz durch Twitter-Leserunden, NetGalley, jellybooks und allerlei Clubs der Verlage zur Leserbindung. Ich sehe es so, dass man immer nur auf einer Hochzeit tanzen kann und die Zahl der Hochzeiten zunimmt, bei spürbar abnehmender Konzentration vieler Leser.


    Lesen soll den Leser oder die Leserin glücklich machen; so hätte ich es jedenfalls gern. Wenn die schlechte Konzentration unzufrieden macht oder parallel laufende Leserunden stressen, kann davon ja nicht mehr die Rede sein ...

  • Bei Leserunden mit Autorenbegleitung bin ich mir noch nicht so ganz sicher, was ich davon halten soll, da hatte ich auch erst zwei. Einerseits hat es schon Spaß gemacht und war auch sehr intensiv und informativ, andererseits empfand ich diese beiden LR doch irgendwie als "Lesen unter verschärfter Beobachtung", und das behagt mir nicht. Vielleicht muss man sich aber auch erst daran gewöhnen, dass der Verfasser des Textes dabei ist ... da zu kommentieren ist doch etwas anderes, als unter Nur-Lesern, so habe ich das jedenfalls empfunden.

    Ich lese ja wahnsinnig gerne in Leserunden mit, bei denen die AutorINNen auch mitmachen. Bevorzugt bei Histos, denn dann erfährt man meist noch mehr über die Recherche und noch mehr Hintergrundmaterial, das beflügelt beim Lesen. "Unter verschärfter Beobachtung" sind unsere Beiträge sicher, aber ich schätze mal, für die AutorINNen ist es noch ärger. Denn wenn die LeserINNen ehrlich sind und auch mal ein "Haar in der Suppe" finden, dann ist nicht jeder Schriftsteller gleichermaßen entspannt. Und dann wird es oft erst so richtig spannend. Solche Diskussionen - natürlich auch mit den anderen LeserINNen, die hoffentlich auch mal nicht alle einer Meinung sind - das ist für mich das Interessante an Leserunden.


    Und noch ein Punkt, warum Leserunden für mich zeitgemäß sind ist der, dass sich das Leseerlebnis, in der Regel, so oder so intensiviert. Also man liest aufmerksamer, überdenkt das Gelesene genauer und die Emotionen werden befeuert, weil man sie mit anderen teilt. Das gilt überraschend auch für richtig miese Bücher. Denn das Lästern und Bemängeln macht tatsächlich in einer Runde oft großen Spaß. Mir zumindest.( Ich denke da an eine Leserunde von Cody McFadyens letztem Buch. :grin)


    Leserunden machen mir Freude, weil ich gerne über Bücher rede, die ich gerade lese.


    Die Freiexemplare machen für den Verlag ja durchaus Sinn. Denn damit findet er auch neue Leser, die das Buch sonst vielleicht nicht gelesen hätten. Die FEs sind marketingstrategisch dazu gedacht. Ich finde es also nicht verwerflich, wenn man sich auch mal auf eine solche Leserunde bewirbt, bei der man sich noch nicht ganz sicher ist, ob das Buch zu einem passt. Tatsächlich habe ich durch solche Leserunden schon einige Perlen für mich entdeckt. Aktuell die Greifenau-Runde, die sonst an mir vorüber gegangen wäre. (Habe mir nach dieser ersten Leserunde ALLE vorhergehenden Caspian-Bücher zugelegt. Also eine Win-Win-Situation für Autor, Verlag und Leser. :lache)

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

    Aslak Nore - Meeresfriedhof


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • # Muss ein Buch noch in einer Leserunde gelesen werden, für das auf allen Plattformen bereits geworben wird und zu dem hunderte von Rezensionsexemplaren rausgehen?

    # Warum erwische ich bei meiner durchschnittlich einen Leserunde pro Jahr (nicht in diesem Jahr!) jedesmal ein schwieriges Buch, bei dem bereits dem Verlag hätte klar sein müssen, dass es daran nichts zu loben und zu empfehlen gibt?

    Ich finde es durchaus angebracht gerade zu so einem stark beworbenen Buch eine Leserunde zu machen. Gerade ein Reflektieren solcher zum Bestseller gehypten Bücher kann großen Spaß machen und mit ehrlichen Rezensionen potentiellen Lesern helfen. Ich denke hier an die aktuelle Diskussion zu dem Buch "Stella" von Takis Würger, welches eine Leserunde lohnt, obwohl es überall beworben und mit FE-Exemplaren zugegen ist.

    Und gerade schwierige Bücher sehen Verlage gerne mal in Leserunden, sehr wahrscheinlich weil sie auf Werbung dafür hoffen. Warum Du Dir ausgerechnet die rauspickst.... :lache Apropo. Ich mache ja durchschnittlich 2 bis 3 Leserunden im Monat mit. Und dadurch entzerrt sich bei mir das Verhältnis der schlechten und guten schon sehr. ;)

    # Kann man sich in der heutigen Zeit überhaupt Monate vorher für eine Leserunde anmelden, ist es nicht wahrscheinlicher, dass mehreren Teilnehmern etwas dazwischen kommt?

    # Sollten Mindestanforderungen formuliert werden, die im Gegenzug für ein Gratisbuch zu erfüllen sind - die Beiträge/Reaktionen in den Diskussionen finde ich - ehrlich gesagt - oft dürftig.

    Da ich eigentlich IMMER lese - in jeder Lebenslage. Also egal, ob ich Stress habe (zum Entspannen) oder ich im Urlaub bin (zur Unterhaltung) oder ich in der U-Bahn sitze (um meine Haltestellen regelmäßig fast zu verpassen). Also kommt mir eigentlich sehr selten wirklich was dazwischen. Höchstens andere Leserunden. :bonk Und dank Wlan und Handy kann man ja sogar Leserunden mitmachen, während man durch Südafrika düst. (Selbstversuch.:))


    Prinzipiell ist ja die Rezension das Mindestmaß an Gegenleistung. Das ist es, wonach der Verlag ja lechzt. Die Leserunde ist denen wohl nicht sooo wichtig. Und wer will die Wertigkeit von Beiträgen oder die Häufigkeit zählen?

    Ich kenne das Dilemma aus einem anderen Forum, wo die Leserunden immer von Moderatoren begleitet wurden, die diese Runden ausgewertet und die Teilnehmer und ihre Beiträge beurteilt haben, ob sie für zukünftige Freiexemplare berücksichtigt werden. Das ist aber ein ganz schöner Aufwand. Und die Frage ist auch, ob wir das wirklich hier in der Form wollen.


    Das "Fass" Leserunden wird ja überall immer wieder mal aufgemacht. Und jedes Forum versucht ja auf seine Weise damit umzugehen. Ich für mich habe festgestellt, es gibt einfach gute und schlechte Runden, spannende und langweilige, farblose und schillernde, lustige und traurige, solche, die man nie vergisst und solche, bei denen man ganz schnell einen Haken dahinter macht.

    Wie eben Bücher und Menschen verschieden sind.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

    Aslak Nore - Meeresfriedhof


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Prinzipiell ist ja die Rezension das Mindestmaß an Gegenleistung. Das ist es, wonach der Verlag ja lechzt. Die Leserunde ist denen wohl nicht sooo wichtig. Und wer will die Wertigkeit von Beiträgen oder die Häufigkeit zählen? ...

    Das hat mich schon immer gewundert; denn was kann werbewirksamer sein für einen Buchtitel (vorausgesetzt die Threadüberschrift besteht nicht nur aus kryptischem "Leserunde mit dem XY-Verlag") als das Hibbeln vor der Leserunde, bis das Buch erscheint, und dann das tägliche Hochziehen des Themas im entsprechenden Thread?


    :P

  • Zumindest gibt es eine spürbare Konkurrenz durch Twitter-Leserunden, NetGalley, jellybooks und allerlei Clubs der Verlage zur Leserbindung. Ich sehe es so, dass man immer nur auf einer Hochzeit tanzen kann und die Zahl der Hochzeiten zunimmt, bei spürbar abnehmender Konzentration vieler Leser.

    Genau - so etwas meine ich mit Kommerzialisierung. Die Verlage teilen ja ihre Bücher nicht aus Nächstenliebe an Foren und andere Plattformen aus, und auch nicht, weil sie sich in der Pflicht sehen, arme Büchereulen mit kostenlosem Lesestoff zu versorgen. Und die Leserunden selbst und ihre Teilnehmer sind dem Verlag bestimmt auch ziemlich egal.


    Ich habe nicht viel Ahnung von Marketing, aber ich glaube, dass es hierbei ausschließlich um massive Produktplatzierungen geht und dass die Produkte möglichst breit gestreut werden müssen, um sichtbar zu sein und viele potentielle Käufer zu erreichen. Und ein Produkt, über das auch noch (in einer Leserunde) geredet wird, ist doppelt wertvoll. Verlage nutzen solche vielfrequentierten Plattformen wie zB die Eule einfach als preisgünstige Werbeflächen, denke ich.


    Es ist das gleiche System wie bei diesen sogenannten "Influencern" auf Instagram oder irgendwelchen Blogs. Die Blogger/Instagramer bekommen kostenlos Produkte zur Verfügung gestellt, die sie dann bewerben sollen, indem sie diese benutzen und das dann auf ihren Webpräsenzen dokumentieren. Und genau das tun wir hier mit den kostenlosen Freiexemplaren, die Verlage zur Verfügung stellen.


    Und solche Werbung scheint anzukommen. Für Verlage rechnet sich das auch. Selbst wenn die auf verschiedenen Plattformen insgesamt 100 Freiexemplare ausgeben, es ist immer noch immens viel billiger, als Anzeigen in entsprechenden Zeitschriften und Magazinen zu schalten oder aufwändige Werbekampagnen im Buchhandel oder sonstwo anzuleiern. Möglicherweise rechnen sie auch mit einer generell eher wohlwollenden Berichterstattung über das Produkt/Buch, weil es ja kostenlos war - dem geschenkten Gaul schaut man bekanntlich nicht ins Maul. Selbst wenn in Leserunden oder Rezensionen Kritik laut wird, geht das vermutlich in der Menge der lobenden Worte einfach unter.


    Natürlich ist es für Leser eine tolle Gelegenheit, kostenlos an Bücher zu kommen, und ich nutze die auch selbst. Aber ich glaube, man sollte auch im Hinterkopf behalten, dass man damit auch in gewisser Weise als Marktschreier "benutzt" wird.

  • Natürlich ist es für Leser eine tolle Gelegenheit, kostenlos an Bücher zu kommen, und ich nutze die auch selbst. Aber ich glaube, man sollte auch im Hinterkopf behalten, dass man damit auch in gewisser Weise als Marktschreier "benutzt" wird.

    Mir ist nur wichtig, dass die Rezensionen davon nicht beeinflusst werden. Also nicht "Eine Hand wäscht die andere" oder "Einem geschenkten Gaul....". Mein Urteil kann man nicht kaufen. Da bin ich immer ehrlich. Wenn AutorINNen dabei, sind vielleicht mit noch etwas mehr FIngerspitzengefühl, aber trotzdem.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

    Aslak Nore - Meeresfriedhof


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Mir ist nur wichtig, dass die Rezensionen davon nicht beeinflusst werden. Also nicht "Eine Hand wäscht die andere" oder "Einem geschenkten Gaul....". Mein Urteil kann man nicht kaufen. Da bin ich immer ehrlich. Wenn AutorINNen dabei, sind vielleicht mit noch etwas mehr FIngerspitzengefühl, aber trotzdem.

    So sollte es im Idealfall auch sein :)

  • Ich finde Leserunden nach wie vor zeitgemäß. Direkter geht ein Austausch kaum, da die Teilnehmer das Buch zur gleichen Zeit lesen.


    Im realen Leben kommt es ja oft vor, das der oder die Gegenüber das Buch vielleicht schon vor zwanzig oder zehn Jahren gelesen hat und damit ein Austausch begrenzt möglich ist, da das Buch nicht mehr so stark in Erinnerung ist. Oder oft deckt sich mein Geschmack nicht mit dem meines Gegenübers. Auch so empfinde ich den Austausch in einer Leserunde oft intensiver und umfangreicher, Was natürlich auch vom Buch abhängig ist, wie viel Diskussionspotenzial es besitzt, aber das wurde hier ja schon an der einen oder anderen Stelle angesprochen.


    Aber ich denke, grundsätzlich eignet sich doch (fast) jedes Buch für eine Leserunde, vom Klassiker bis zum aktuellsten Wester-, Horror-, oder Liebesgroschenroman, da es für die meisten Arten auch ein Zielpublikum gibt. Denn wer nur auf Klassiker schwört, wird sich kaum den neuesn John Sinclair reinziehen und sieht darin auch nicht genügend Gesprächsstoff für eine Leserunde.


    Aber nichtsdestotrotz mag ich Leserunden, denn ohne Leserunden wären mir viele Autoren und Bücher nie zu Gesicht gekommen oder hätte das eine oder andere Buch nie in die Hand genommen. Für mich waren Leserunden oft auch eine Möglichkeit, über den eigenen Genre-Tellerrand hinwegzuschauen. Beispielsweise lese ich so gut wie nie oder besser gesagt selten historische Romane, ich konnte damit bisher nicht viel anfangen, aber durch Leserunden konnte ich selbst in dieser Sparte die eine oder andere Perle für mich entdecken.

  • Alle eure Beiträge habe ich nicht gelesen, es sind so viele, dass ich irgendwann nichts mehr aufnehmen konnte. Darum kann es sein, dass ich hier Gedanken einbringe, die schon jemand vor mir aufbrachte.




    Ich finde Leserunden anregend und spannend, wenn es um Bücher geht, die mich mitnehmen und anregen zum Nachdenken, Mitfühlen, Weiterspinnen oder auch zu Widerspruch (hier und da).

    Doch das weiß ich im Grunde ja erst nach dem Lesen...

    Meine Lust, an Leserunden teilzunehmen ist aus verschiedenen Gründen zurückgegangen... zum einen haben mich in den letzten eineinhalb Jahren die Buchtitel oder Autorennamen nicht so wirklich angesprochen und darum habe ich auch nur selten genauer geguckt, ob etwas für mich dabei ist.

    Dann ist das mit der Planbarkeit manchmal schwierig, da mein Leben nicht mehr so stark strukturiert ist und ich mich immer wieder mal spontan engagiere und plötzlich sehr wenig Platz im Kopf für Romane oder Krimis habe, die ich vor längerer Zeit noch als reizvoll einschätzte. Wenn man sich oft anmeldet und dann doch wieder ab, macht das nicht gerade einen guten Eindruck.

    Dann ist es so, dass ich immer, wenn mich ein Buch richtig packt, es als unangenehm empfinde, wenn ich mir zwischendurch Notizen machen müsste (und es oft nicht tue) oder wenn nach jedem Leseabschnitt an den Computer gehe und lese, was andere geschrieben haben. Bei Romanen, die ich nicht so besonders spannend finde, die aber tiefergehende Fragen aufwerfen, können Leserunden hingegen sehr anregend sein und viel in Bewegung setzen.


    Hinzu kommt, dass ich eine zunehmende Unlust verspüre, Bücher zu bewerten. Oder, besser gesagt, mich festzulegen. Gerade die Bücher mit einer gewissen Tiefe, die mich nachdenklich machen, kann ich oft gar nicht bewerten, da sie gewöhnlich auch Passagen enthalten, die zu lesen mühsam war, weil unangenehme Gefühle durchlebt werden mussten. Und manchmal entsteht gerade daraus etwas, das ein Buch eindrucksvoll macht und mich noch lange darüber nachdenken lässt.

    In meinen Leselisten vergebe ich deshalb auch keine Punkte mehr.

    Ich fand viele Bücher, die ich in den LR gelesen habe, soweit okay. Manche waren auch wirklich gehaltvoll, manche waren einfach toll geschrieben, andere hatten genau den richtigen Humor. So haben mich einige LRs bereichert und ich habe Autor*innen entdeckt, die ich vielleicht sonst nicht kennen gelernt hätte.


    Jedoch - wenn man so viel liest wie die meisten hier, gibt es einfach Ermüdungserscheinungen... das kennt wohl jede*r hier. Und ich merke, dass ich immer kritischer werde gegenüber Klischees, die andere Leser*innen vielleicht gar nicht als solche wahrnehmen oder empfinden. Ohne LR hätte ich manche Bücher vermutlich abgebrochen. Oder ich hätte manche zu Ende gelesen, weil irgendein Strang der Handlung mich dennoch so weit interessiert, dass ich ihn bis zu Ende mitbekommen möchte - dann lese ich über so etwas wie klischeehafte Figuren, Handlungen, abgegriffene Lebensweisheiten, Küchenphilosophie, ungeschickte Sprache etc. hinweg - und gut. Danach vergesse ich das Buch sofort wieder oder es bleiben nur einzelnen Bilder hängen...

    Aber darüber in einer LR zu schreiben führt natürlich dazu, dass ich mich über das, was mich ärgerte, noch einmal ärgere und die negativen Gedanken somit vertiefe und festige. Will ich das? Nein.

    Um Missverständnisse zu vermeiden: eine gewisse Art von eher trivialen Romane finde ich nicht schlimm, ganz im Gegenteil - wenn die Klischees nicht zu schlimm sind oder ironisch gebrochen, lese ich Belletristik sehr gerne, um mich zu entspannen und "runterzukommen". Jedoch hab ich wenig Lust, darüber zu reflektieren, mir Notizen zu machen oder zu diskutieren.


    Ein anderes Phänomen ist, dass ich, wenn ich nicht zu den ersten drei oder vier Schnellen in einer LR gehörte, durch all das, was andere vor mir schon geschrieben haben, mich zwar oft bestätigt fühlte, aber auch abgelenkt von dem, was mich persönlich beschäftigt hat. Und es führte häufig dazu, dass ich mich erschlagen fühlte und nicht mehr wusste, was ich noch schreiben will/kann/soll. Noch einmal dasselbe mit etwas anderen Worten? Eine Antwort auf das, was andere schriebe? Gerne, aber wenn vor mir schon 49 Beiträge da sind, ist allein die Auswahl schon sehr zeitraubend... das hat mich oft genervt.
    Manche Leserunden empfand ich mehr als störend beim Lesen als dass sie mir Freude gemacht hätten.

    Manchmal war es dann wieder ganz toll, und das ging mir z.B. zwei- oder dreimal bei den Querbeet-Leserunden so. Dort findet oft ein tiefergehender Austausch von Gedanken statt, soo das sich die Energie und Zeit, die ich da reinstecke, auch lohnt.

    Die Verpflichtung (bei den LRs mit kostenlosen Leseexemplaren) zu erfüllen, Rezis schreiben zu müssen, fiel mir zunehmend schwerer. Auch bei Romanen, die ich mochte oder interessant fand. Früher hat mir das Schreiben von Rezis sehr oft richtig Spaß gemacht. Doch das nutzt sich mit der Menge der Rezis, die frau so schreibt, immer mehr ab... scheint mir. Wenn ich mit der Nase schon im nächsten Buch stecke (und das tue ich gewöhnlich immer), habe ich schon gleich die Namen der Protagonisten des vorherigen Buches vergessen.

    Natürlich kann man die Namen immer nachgucken in den anderen Rezis und ein paar Floskeln schreiben wie: Ich hatte ein insgesamt gutes (nicht so gutes) Gefühl, mir hat der Roman gut (nicht so gut) gefallen, die Protagonisten waren mir sympathisch (nicht sympathisch), das Buch war flüssig zu lesen...

    Als Dankeschön an den Verlag und an die Organisator*in und/oder für die Autor*in habe ich das zunehmend mehr auch so gemacht und nur noch ein oder zwei eigene Gedanken eingeflochten.

    Jedoch habe ich (leider?) ein gewisses Ehrgefühl in mir, das mir eigentlich abverlangt, vernünftige, gut ausformulierte Rezis zu schreiben, sonst schäme ich mich einfach. Dieser Konflikt führte dazu, dass ich immer länger brauchte, um meine Rezis zu schreiben.

    Da man ja auch zu den meisten Wanderbüchern Rezis schreiben soll, wurde diese Pflichtschreiberei dann dch ein bisschen viel. Und plötzlich fand ich mich in einer heftigen Leseflaute wieder. Natürlich nicht nur aufgrund der Leserunden, dafür gab es vorwiegend andere (gute) Gründe. Aber das Gefühl, ziemlich oft "liefern" zu müssen und nicht einfach ohne weitere Begründung abbrechen zu können, hat nicht unwesentlich dazu beigetragen. Allein schon dieses nervige Sich-Entscheiden-Müssen, ob ich ein Buch abbreche oder nicht widerstrebt meiner Natur. Ohne LR lege ich solche Bücher dann erstmal beiseite und lasse die Zeit für mich arbeiten. Das kann Wochen oder Monate dauern - irgendwann weiß ich, ob ich das Buch nochmal lesen werde oder nicht. Und das geht in einer LR ja nicht.

    Mir die Bücher für die LRs immer selbst zu kaufen, um nicht unter Erwartungsdruck zu stehen, wäre auch eine Lösung gewesen, früher. Aktuell ist ein teures neues Buch alle 2 Monate das Höchste, was ich mir leisten kann. Meistens lese ich die Gebrauchten, die ich mir ertauscht habe oder Onleihe-Bücher.

    Darum halte ich mich vorerst mit der Teilnahme an LRs sehr zurück, finde sie aber dennoch zeitgemäß und sinnvoll. Es kommt vermutlich darauf an, dass ich mir einige auswähle, die die richtigen für mich sein könnten auswähle und mir dann dafür auch viel Zeit nehmen mag. Und das konsequente Abbrechen, wenn es sich nur noch so dahinschleppt, halte ich auch für wichtig, um anwachsende Unlust und evtl. Leseflauten zu vermeiden.

  • Was ich vermisse, aber vielleicht schaue ich nur nicht an der richtigen Stelle: Ich sehe nur die Übersicht der offiziellen Leserunden, mich würden aber auch die kleinen "privaten" interessieren. Gibt es da eine Auflistung?

    “You can find magic wherever you look. Sit back and relax all you need is a book." ― Dr. Seuss

  • Was ich vermisse, aber vielleicht schaue ich nur nicht an der richtigen Stelle: Ich sehe nur die Übersicht der offiziellen Leserunden, mich würden aber auch die kleinen "privaten" interessieren. Gibt es da eine Auflistung?

    In der Leserundenvorschau ist jede private Leserunde sichtbar, sobald sie angemeldet wurde, also wirklich zustande kommt. Im Kalender auch.:wave

  • Leider lese ich für Leserunden im Moment viel zu langsam. Bis ich richtig im Buch angekommen bin, sind die meisten Mitleser bereits längst fertig. Das ist dann natürlich für alle Beteiligten nicht so toll, weil von mir ja erst viel später Bemerkungen kommen, wenn alle dann schon wieder längst bei anderen Büchern sind. Von daher werde ich mich im Moment auch nicht weiter für neue Runden anmelden.

  • Sandrah ich habe auch jahrelang an keiner Leserunde teilgenommen. Irgendwann ändern sich die Umstände, das Leseverhalten, die Einstellung dazu und Du machst wieder mit. Wichtig ist ja nur, für mich, dass man die Lust am lesen nicht verliert, das wäre wirklich ein Verlust.